"HIGH-SCHOOL" Westfalen: Der Fachhandel für Drachen, Gleitschirme, Zubehör. Ausbildung, Reisen, Packservices.

04.07.2013 Lippische Landeszeitung - aus der LZ Serie: Natur erleben

Schüler nutzen Skihang nahe der Externsteine zum Paragliden

Text und Fotos von Silke Buhrmeister

Horn-Bad Meinberg/Holzhausen-Externsteine. 35 Quadratmeter Stoff, sechseinhalb Kilogramm, jede Menge Strippen: Wer mit einem Gleitschirm in die Luft steigen will, der muss diesen erst einmal am Boden beherrschen lernen. Nicht ganz einfach.

Udo Wilhelm trägt ein knallgelbes Polohemd mit der roten Aufschrift "High-School". Denn heute ist der Anwalt aus Borgholzhausen, der in Oerlinghausen eine Kanzlei betreibt, nicht in Sachen Recht unterwegs. Es geht um seine eigentliche Berufung, das Fliegen.

Es ist Samstagmorgen, 8 Uhr. Der 65-Jährige hat am Fuße des "Wildhang" nahe der Externsteine, dort wo im Winter ein kleiner Schlepplift Skifahrer bergauf befördert, sechs Teilnehmer um sich geschart. Ihr Ziel: an einem Schnupperwochenende wollen sie lernen, den Gleitschirm so zu beherrschen, dass er sie in die Luft bringt. Trocken ist es heute, der Wind allerdings bisweilen böig. Keine einfachen Bedingungen für Anfänger.
"Der flache Teil hier unten eignet sich hervorragend für die Aufziehübungen", sagt Udo – und schon geht's los: Aus dem Bulli holen er und sein Mitarbeiter Andre Krause, ein Student aus Bielefeld, die Ausrüstung: Gurtzeug und einen Nylonsack, in dem das Fluggerät klein verpackt schlummert.

Die Möglichkeit, sein handliches Sportgerät überall mit hinzunehmen – egal ob auf eine Wanderung, Auto- oder Flugreisen – ist das, was den Borgholzhausener so begeistert hat an diesem Sport, den er seit 1985 betreibt, erzählt er: "Weißt Du, eigentlich ist das ja nicht mehr als eine Tüte."

Doch diese "Tüte" hat es in sich. Udo entfaltet den ersten Gleitschirm und erläutert seine einzelnen Teile: Die A- bis D- und -Bremsleinen, die Eintrittskante am Ende des Schirms, die immer frei liegen muss, damit ungestört Luft in das Segel strömen kann und der Gleitschirm sich zu einem Flügel mit aerodynamischem Profil formt, und die Tragegurte, die jeweils an den linken und rechten Karabiner des Gurtzeugs eingehakt werden.

Das scheinbare Wirrwarr der Leinen löst Udo mit ein paar lässigen Handbewegungen auf. Dann macht er sich startklar: Sicherheitscheck, wartet den passenden Gegenwind ab und läuft los: Der Schirm bläst sich auf, und als er über ihm steht... ist die erste Übung beendet. In Zweierteams machen sich die Flugschüler ans Werk, doch allein das Entpacken des Schirms ist eine wahre Kunst.

Christine aus Oerlinghausen lässt sich vom Leinensalat nicht schrecken – sie weiß, was sie tut: "Ich springe seit 20 Jahren Fallschirm", erklärt die Bankkauffrau. Am Paragliden interessiere sie vor allem, viel länger in der Luft bleiben zu können: "Denn dort oben, so ganz allein, das ist einfach unbeschreiblich toll." Doch bis dahin scheint es noch ein Weg zu sein. Und der muss im Laufen zurückgelegt werden. Christines erster Versuch misslingt trotz perfekter Vorbereitung: Der Start kostet Kraft, dann bläst sich der Schirm auf, um im nächsten Moment erschlafft zu Boden zu gehen.

Von Übung zu Übung scheint es jedoch besser zu klappen – wenn nicht der böige Wind immer wieder die Versuche zunichte machte. Manchmal steht man beim Start eine gefühlte Ewigkeit, um den richtigen Wind abzupassen. Aber dieser, gepaart mit der richtigen Technik, ist eben das A und O der Fliegerei mit dem Gleitschirm. Und so heißt es an diesem Tag immer wieder aufs Neue: Gleitschirm ausbreiten, Leinen entwirren, guten Wind abpassen, loslaufen und den Schirm kurz in die Höhe bringen - dann alles einsammeln und den Hügel wieder hinaufstapfen.

"Es braucht 20 Versuche und mehr, um abzuheben", schätzt Udo. Manche schaffen es an diesem Tag auch schneller – so wie Günther aus Lage. Ein paar Meter fliegt er, Udo und den anderen bleiben die Münder offen stehen. Dann eine kleine Bruchlandung, abgefedert durch den Protektor im Gurtzeug. "War das eigentlich ein gewollter Flug?", fragt Udo Stunden später, als alle müde von den anstrengenden Flugversuchen noch ein bisschen gesellig zusammensitzen. Günther schüttelt den Kopf.

Aber am zweiten Tag, bei perfekten Windbedingungen, da werden alle fliegen: Dann werden wir vom oberen, steilen Teil des Hanges loslaufen, abheben und Holzhausen aus der Vogelperspektive sehen. Und das ganz sicher - und gewollt!

Das Fliegen kann man lernen

Ein Anfänger-Schirm kostet neu etwa 2.800 Euro, gebraucht etwa 1.500 Euro. Daneben benötigt man einen Helm und Gurtzeug mit Protektoren. Die zweitägigen Schnupperkurse (125 Euro) finden zumeist am Wochenende auf dem Übungshang in Holzhausen-Externsteine statt. Wer danach eine Grundausbildung absolvieren will, muss mindestens 14 Jahre alt sein. Weitere Informationen unter 05202-158282 oder unter: www.flugschule-westfalen.de

 

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Kopie des Pressetextes, mit freundlicher Genehmigung der

Lippischen Landeszeitung http://www.lz.de

 

Artikel im Original aufrufbar unter:

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